„Öffne sanft dein Herz für mich und ich werde dir die Welt enthüllen.“
— Das Buch des Sohar
Wer bin ich?
Warum existiere ich?
Wo kommen wir her? Wohin führt unser Weg? Und was ist unsere Aufgabe hier?
Waren wir schon einmal in dieser Welt?
Warum gibt es Leid in dieser Welt, und können wir es vermeiden?
Wie können wir Frieden, Erfüllung und Glück erreichen?
Seit Menschengedenken versuchen wir, Antworten auf diese bohrenden Fragen zu finden. Die Tatsache, dass sie von einer Generation an die nächste weitergegeben werden, zeigt, dass wir noch immer keine zufriedenstellende Antwort auf sie bekommen haben.
Wir können etwas erforschen, was sich auf einer niedrigeren Entwicklungsstufe als der unseren befindet. Wir verstehen die Bedeutung von unbelebter, pflanzlicher und tierischer Existenz. Die menschliche Existenz hingegen können wir nicht erfassen. Augenscheinlich können wir dieses Verständnis erst von einer höheren Daseinsstufe aus erlangen. Unsere Erforschungen der Welt beschränken sich allein darauf, wie diese auf unseren Einfluss reagiert. Wir können nur von unserer jetzigen Stufe aus forschen und nicht von einer darüberliegenden Stufe aus.
Leider können wir darüber hinaus nichts weiter erfassen – es ist, als ob außer dem, was wir wahrnehmen, nichts existieren würde. Was immer zu existieren scheint, lebt in unseren Sinnen, und ein Geschöpf mit anderen Sinnen würde die gleichen Dinge auf eine ganz andere Art wahrnehmen. Wir haben auch nicht das Gefühl, uns fehlte ein sechstes Sinnesorgan, wie etwa ein sechster Finger. So wie es unmöglich ist, jemandem, der von Geburt an blind ist, das Sehen zu erklären, so scheitern wir auch mit den uns heute zur Verfügung stehenden Forschungsmethoden daran, die verhüllten Naturformen zu entdecken.
Gemäß der Kabbala existiert eine spirituelle Welt, die für unsere Sinnesorgane nicht wahrnehmbar ist. In ihrem Mittelpunkt gibt es einen winzigen Teil – unser Universum und unseren Planeten –, das Herz dieses Universums. Diese Sphäre von Informationen, Gedanken und Emotionen wirkt auf uns durch die Gesetze der physischen Natur und die Vorkommnisse darin.
Sie setzt uns bestimmten Umständen aus, auf die wir reagieren müssen. Wir wählen nicht, wo, wann, mit wem und mit welchen Charakterzügen und Neigungen wir geboren werden. Wir suchen es uns nicht aus, wen wir treffen und in welcher Umgebung wir aufwachsen. Diese Dinge bestimmen all unsere Handlungen und Reaktionen sowie sämtliche Folgen. Wo ist dann aber unser freier Wille?
Um die absolute Erfüllung zu erlangen, müssen wir die Notwendigkeit einer spirituellen Entwicklung vor der körperlichen akzeptieren. Es gibt zwei Wege in unserer Welt, dieses Ziel zu erreichen: den Weg des spirituellen Aufstiegs (Kabbala) und den Weg des Leidens.
Der Weg der Kabbala ist ein Weg unabhängiger und freiwilliger Verwirklichung des Bedürfnisses, allmählich den Egoismus auszulöschen, wenn das höhere Licht dazu benutzt wird, den Egoismus als böse wahrzunehmen. Manchmal gelangen die Menschen ganz unerwartet zu dieser Erkenntnis. Plötzlich empfindet ein säkularer, gut situierter, zufriedener Mensch eine akute Leere, jeder Funke von Erregung, Genuss, Lebenslust und Freude verschwindet aus seinem Alltag.
Das ist der Zustand unserer Generation, wo materielle Fülle ein Gefühl spirituellen Hungers in uns weckt. Wir fangen an, nach anderen Quellen der Erfüllung zu suchen, oftmals wählen wir einen langen und beschwerlichen Weg. Der freie Wille besteht zwischen dem Weg des spirituellen Aufstiegs und dem Weg des Leidens. Man kann nur wünschen, dass die Menschen »das Leben« wählen, anstatt auf dem Weg des Leidens zu verbleiben, dem Weg, auf dem wir schon so oft gewandelt sind in der Vergangenheit.