61. Daher wird er von dort an als vollkommen Gerechter betrachtet, wenn mit der Offenbarung des Gesichts belohnt wurde, sprich dem vollkommenen Maß Seiner Güte, und er heißt dann „Gerechter“ (Punkt 55). Denn er rechtfertigt Seine Herrschaft wie sie wirklich ist, das heißt, dass Er absolut gut und heilend mit Seinen Geschöpfen umgeht, dass Er gut ist zum Guten wie auch zum Bösen.
62. Er heißt „Der-dazwischen-Stehende“, denn, nachdem er Reue aus Furcht erlangt hat, ist er nun auch dazu fähig, Reue aus Liebe durch die gesunde Beschäftigung mit der Torah und gute Taten zu erlangen. Dann erlangt man den Zustand „vollkommen Gerechter“. Da man sich nun im Zwischenzustand befindet, zwischen Angst und Liebe, heißt man „Der-dazwischen-Stehende“. Davor war man jedoch nicht einmal dazu qualifiziert, sich auf die Reue aus Liebe vorzubereiten.
63. Das erklärt ausführlich den ersten Grad des Erlangens der Gesichtsenthüllung. Das bedeutet das Erlangen und die Empfindung der Schöpferherrschaft durch Belohnung und Strafe in einer Weise, dass Er alle Geheimnisse kennt und überzeugt ist, dass der Mensch nicht zu Torheit zurückfällt. Das bedeutet „Reue aus Furcht“, wenn die Sünden zu Fehlern werden. Das bedeutet „nicht vollständig Gerechter“ und auch „Der-dazwischen-Stehende“.
64. Nun wollen wir den zweiten Grad des Erlangens der Gesichtsenthüllung erklären, die dem Erreichen der vollkommenen Herrschaft, wahr und ewig entspricht. Es bedeutet, dass der Schöpfer über Seine Geschöpfe in der Form „Der Gute, der Gutes tut, sowohl Guten als auch Bösen“ herrscht. Wenn man begnadet ist, seine Sünden in Vorzüge zu verwandeln und „Reue aus Liebe“ empfindet, wird man als „vollkommen Gerechter“ betrachtet.
Das erklärt alle vier Aspekte der Wahrnehmung der Herrschaft über die Geschöpfe. Die ersten drei, also doppelte Verhüllung, einfache Verhüllung und Erlangen der Herrschaft durch Belohung und Strafe dienen lediglich der Vorbereitung, um den vierten Aspekt – das Erlangen der wahren, ewigen Herrschaft – zu erreichen.
65. Wir müssen verstehen, weshalb der dritte Aspekt nicht ausreichend ist – die Herrschaft durch Belohnung und Strafe. Wir sagten, dass man bereits dadurch belohnt wurde, dass Er, der alle Geheimnisse kennt, überzeugt ist, dass man nicht mehr sündigen wird. Warum wird man dann als „Der-dazwischen-Stehende“ oder „unvollkommen Gerechte“ bezeichnet, was darauf hinweist, dass in den Augen des Schöpfers unsere Arbeit immer noch nicht wünschenswert ist und sie immer noch Mängel und Fehler aufweist?
66. Zuerst wollen wir genau überprüfen, was die Kommentatoren über die Mizva der Liebe zu Gott sagten. Wie konnte die Heilige Torah uns eine Mizva auferlegen, die wir nicht erfüllen können? Man kann sich zu allem zwingen und versklaven, aber kein Zwang oder keine Versklavung der Welt wird helfen zu lieben.
Sie erklären, dass durch das korrekte Einhalten aller 612 Mizwot sich die Gottesliebe von selbst ausbreitet. Daher wird es für möglich gehalten, zur Gottesliebe zu kommen, dadurch dass man sich versklaven und zwingen kann, die 612 Mizwot korrekt einzuhalten.
67. In Wahrheit bedürfen ihre Worte eines ausführlichen Kommentares. Schließlich sollte die Gottesliebe zu uns nicht als eine Mizva kommen, da wir uns nicht zur Gottesliebe zwingen können. Sie kommt vielmehr von selbst – nach der vollständigen Erfüllung der 612 Mizwot. Daher sind die 612 Mizwot für uns eigentlich ausreichend; warum wurde diese Mizva dann geschrieben?
68. Um dies begreifen zu können, müssen wir zuerst ein echtes Verständnis in der Natur der Gottesliebe selbst erlangen. Wir sollten wissen, dass alle Neigungen, Tendenzen und Eigenschaften, die anerzogen sind, um dem Freund zu dienen, auch bei der Arbeit für Gott benötigt werden.
Zuerst wurden sie nur aufgrund ihrer endgültigen Funktion, als endgültiger Zweck des Menschen erschaffen und eingeprägt, wie geschrieben steht: „Er, der vertrieben wurde, sollte kein Ausgestoßener von Ihm sein.“ Man benötigt sie alle, um sich auf dem Weg des Empfangens der Fülle zu vereinen und den Willen Gottes zu komplettieren.
Das ist gemeint mit „Jeder, der bei Meinem Namen genannt ist und den ich um Meiner Ehre erschaffen habe“ (Isaiah 43; 7), und auch “Der Herr hat alle Dinge für Seine Zwecke gemacht“ (Sprüche 16; 4). In der Zwischenzeit jedoch ist dem Menschen gegeben, eine ganze Welt zu entwickeln und alle diese natürlichen Neigungen und Attribute zu vervollständigen, indem er sich mit anderen Menschen beschäftigt, und sie auf diese Weise zu ihrem vollendeten Zweck zu führen.
Es steht geschrieben “Man muss sagen: Die Welt wurde für mich erschaffen.“ Für einen Menschen ist die ganze Gesellschaft erforderlich, da er dadurch Eigenschaften und Neigungen entwickelt, die ihn dafür qualifizieren, ein geeignetes Werkzeug für Seine Arbeit zu werden.
69. Daher müssen wir das Wesen der Gottesliebe aus den Eigenschaften der Liebe verstehen, wodurch man mit anderen verbunden ist. Die Liebe Gottes zeigt sich notwendigerweise in diesen Eigenschaften, da sie zuerst aufgrund Seines Namens im Menschen eingeprägt sind. Wenn wir die Attribute der Liebe zwischen Menschen beobachten, finden wir ein Attribut der Liebe über dem anderen, je zwei; das sind vier.
70. Das erste ist „Bedingte Liebe“. Das bedeutet, dass man die eigene Seele wegen der großen Güte, Freude und dem Nutzen, die man vom Freund erhält, mit dem Freund in wunderbarer Liebe verbindet.
Es beinhaltet zwei Schritte: Der erste ist, dass, bevor sie sich trafen und begannen, sich zu lieben, sie sich gegenseitig schadeten. Nun jedoch wollen sie sich daran nicht mehr erinnern, denn „Liebe deckt alle Sünden zu“. Der zweite Schritt ist, dass sie sich von nun an Gefallen tun und einander helfen und es gibt keine Spur von Schaden und Nachteil zwischen ihnen.